Mo., 18:00
LQ
Hörspielfestival HORCHPOSTEN II – Modellposition 3:
BR • HERBERT KAPFER (Leiter der Abteilung Hörspiel und Medienkunst des Bayerischen Rundfunks – BR, München) führt vor: THE KING IS GONE. Des Bayernkönigs Revolutionstage von Andreas Ammer, Markus und Micha Acher (57 min, BR 2015 – mit dem Publikumspreis ARD Online Award 2015 ausgezeichnet)
6.3. – 4.4. HORCHPOSTEN II: Nach dem glamourösen Beginn von HORCHPOSTEN I im März 2016 mit Rimini Protokoll, Paul Plamper und Milo Rau widmet sich HORCHPOSTEN II den Dramaturgen und Hörspielredaktionen, der Philosophie der Sender. Ein Hoch auf die Dramaturgen als Ermöglicher! Zudem will HORCHPOSTEN II Hörspielmacher und Hörspielinteressierte vor Ort miteinbeziehen. In einer abschließenden Podiumsdiskussion werden Auftrag und Verpflichtung von Radiosendern präzisiert (medienpolitisch) – und Antworten darauf zu finden sein, was Hörspielmacher brauchen/wollen und wie sich die Möglichkeiten für Hörspielmacher in Österreich verbessern ließen.
Es werden drei Modellpositionen vorgestellt:
MODELLPOSITION 1: Robert Schoen. Schoen ist einer der eigenwilligsten Hörspielmacher im deutschen Sprachraum. Die Besonderheit seiner Arbeiten ist, dass es sich dabei immer um genuine Radioarbeiten handelt. Robert Schoens Blick auf die Welt ist die eines sehr sehr kühnen Menschenfreundes!
In MODELLPOSITION 2 – WDR und MODELLPOSITION 3 – BR zeigen zwei der profiliertesten Hörspielredaktionen, was sie tun und wie sie arbeiten. Es werden ausgewählte Hörspiele und Hörspielausschnitte vorgestellt. Zudem wird über die Rolle des Dramaturgen, Entscheidungsfindungen und Abläufe diskutiert, Arbeitsbedingungen, Programmatik und Philosophie der Sender. Mit welchen Autoren lassen sich ihre Projekte verwirklichen etc. Und es werden Positionen der jeweiligen Sender abgeklärt. (Falkner)
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3.4. The King is Gone: Die wichtigste Quelle des Hörspiels ist der Text eines gewissen Josef Benno Sailer, der 1919 – kurz nach der Räterevolution in München – erschien, in dem »Des Bayernkönigs Revolutionstage« geschildert werden. Bei einem Spaziergang im Englischen Garten wird der letzte bayerische König Ludwig III. von einem freundlichen Untertan darauf aufmerksam gemacht, dass Revolution sei: der König möge sich lieber auf die Flucht vor der Räterepublik begeben: So nimmt die Komödie ihren Lauf: Das königliche Automobil im Marstall ist noch aufgebockt. Die Straßen Münchens sind mit Revolutionären verstopft. Die Reise endet wiederholt im Straßengraben. Die Prinzessinnen auf dem Rücksitz sind hungrig. Nacht und Nebel brechen ein. Nirgends ist ein Hemd mit der richtigen Kragenweite aufzutreiben.
Andreas Ammers dokumentarisches Hörspiel The King is Gone verbindet revolutionäre Praxis mit der Perspektive der Klatschpresse. Es schildert Weltgeschichte als Roadmovie. Und es klingt, als hätten die Brüder Acher von The Notwist, um die Flucht des bayerischen Königs zu vertonen, eine All-Star-Blaskapelle um sich geschart … was dann – so wie alles in diesem Hörstück – komisch klingen kann, aber in Gestalt der »Hochzeitskapelle« Tatsache ist. Noch einmal Marx: »Warum dieser Gang der Geschichte? Damit die Menschheit heiter von ihrer Vergangenheit scheide.«
Andreas Ammer, *1960, Journalist, Autor, Hörspielmacher. BR-Hörspiele (u.a.): Radio Inferno (mit FM Einheit, 1993, Prix Futura), Apocalypse live (mit FM Einheit, BR/Bayerisches Staatsschauspiel Marstall 1995, Hörspielpreis der Kriegsblinden), Have You Ever Heard Of Wilhelm Reich (mit Console, 2009), Schliersee (2012).
Markus Acher (*1967) und Micha Acher (*1971) sind Mitglieder der 1989 gegründeten Independent-Band The Notwist und beteiligt an zahlreichen musikalischen Projekten.
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Die Kunstform Hörspiel kann sich so lange weiterentwickeln, solange Autor*innen, Musiker*innen und andere Künstler*innen ein Interesse daran haben. Die öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen haben das Monopol auf die Produktion und Veröffentlichung von Hörspielen verloren. Dennoch bleiben sie die wichtigsten Produzenten mit den besten Verbreitungswegen. Die Öffentlich-Rechtlichen müssen den beteiligten Künstler*innen und Dramaturg*innen größtmögliche Freiheit einräumen und der Radiokunst Raum lassen. Dann wird sich das Hörspiel weiter entfalten und das Publikum überraschen. (Herbert Kapfer)
Herbert Kapfer, seit 1996 Leiter der Abteilung Hörspiel und Medienkunst im BR; Leiter des Festivals intermedium (Berlin 1999; Karlsruhe 2002, mit Peter Weibel); seit 2000 Herausgeber der CD-Reihe intermedium records (seit 2007 mit Katarina Agathos); Hörbuch-Editionen, u.a.: Rolf Dieter Brinkmann: Wörter Sex Schnitt (2005, mit K. Agathos); Publikationen zu Dada, Exil, Medientheorie; Herausgeber: Vom Sendespiel zur Medienkunst (1999), Mitherausgeber: Der Mann ohne Eigenschaften. Remix (2004), Intermedialität und offene Form (2006); Hörspiel. Autorengespräche und Porträts (2009); Eran Schaerf: Frequenz-moduliertes Szenario (2015).
Andreas Jungwirth, *1967 in Linz, lebt in Wien und ist Theater-, Hörspiel- und Jugendbuchautor. Zuletzt war er auch als Hörspielregisseur für den ORF tätig und schrieb eine Reihe autobiographisch inspirierter Hörspiele für Deutschlandradio Kultur, ORF und MDR. 2012 gründete er am Schauspielhaus Wien das »Hörspielhaus«, für dessen Programm und Moderation er bis 2016 verantwortlich war. Seit 2015 moderiert er gemeinsam mit Doris Glaser die Ö1-Hörspielgala.
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