Di, 19:00
LQ
GESELLSCHAFTSRÄUME DER LITERATUR
GESPRÄCHSRUNDE zu dem vom Film STYX aufgeworfenen Themenkomplex von Massenflucht und Einzelschicksal, Notfall und moralischer Hilfsverpflichtung, Migration und staatlicher Zuwanderungsbeschränkung, Zivilcourage und Staatsgewalt
SCHLOMO HOFMEISTER (Gemeinderabbiner der IKG Wien, Oberrabbiner in Graz) • MARIE-CLAIRE SOWINETZ (UNHCR Büro Österreich) • BERNHARD KITTEL (Wirtschaftssoziologe, Univ. Wien) • FRIEDRUN HUEMER (Psychotherapeutin; Obfrau von Hemayat – Betreuungszentrum für Folter- und Kriegsüberlebende) • Gesprächsleitung: CHRISTA ZÖCHLING und LYDIA MISCHKULNIG • 2. Teil des Projektes: 22./23.10.2019
Wir beginnen am 24.6. mit der Vorführung des Filmes STYX (Österreich 2018) von Wolfgang Fischer. Der Film behandelt das prekäre Thema Flüchtlingsrettung/Mittelmeer. (Die Protagonistin schwebt zwischen Schuld und Ohnmacht angesichts eines Flüchtlingsbootes in Seenot. Sie selbst versucht Rettung herbeizuschaffen, wird aber hingehalten und angehalten auf ihrem Segelboot in sicherem Abstand zu verbleiben. Wie geht sie mit dieser Situation, dass vor ihren Augen ein Boot untergeht um?
Wir wollen am 25.6. diesen Film zum Ausgangspunkt eines Gespräches in der Alten Schmiede mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens machen: Welche Bilder entstehen in unseren Köpfen, wenn wir Boote voll mit Flüchtlingen sehen? Wie gehen wir damit um? Als Gesellschaft und als Individuum. Worauf kommt es an beim vernünftigen Handeln? Haben Religionen guten Rat? die Politik? die helfende Praxis? die Gesellschaftswissenschaft? die Wirtschaftskonzepte? die Menschenkunde? das Gewissen?
Die Zeit wird das Problem „von selbst“ nicht lösen, oder trocknen die Flüchtlingsströme irgendwann aus?
Am 22. Oktober wird der Themenkomplex Migration/Flucht an literarischen Text diskutiert. Wie nähert man sich dem Ausdruck in schriftstellerischer und journalistischer Hinsicht an. Wo liegen die Unterschiede? Was ist wahrhaftiger?
Am 23. Oktober wird Lydia Mischkulnig am Beispiel des Romans TRANSIT von Anna Seghers eine Analyse filmischen Erzählens im Gespräch mit Christian Petzold (Regisseur der Verfilmung des Romans „Transit“, 2018) vorführen.
(Lydia Mischkulnig, Christa Zöchling)
Styx: Rike begibt sich von Gibraltar aus alleine auf einen Segeltörn, um sich von ihrem stressigen Alltag als Notärztin zu befreien und der vollkommenen Einsamkeit auf hoher See auszusetzen. Unvermittelt wird sie aus ihrem Abenteuer gerissen, als sie sich mitten auf dem Atlantik in der Nähe von schiffbrüchigen Flüchtlingen wiederfindet und allein ihr Engagement über deren Schicksal entscheidet. Plötzlich zeigt sich eine grausame Parallelwelt, in der ein Überlebenskampf zwischen Afrika und Europa täglich seine Opfer fordert, der zur wahren Herausforderung wird.
Der Filmemacher Wolfgang Fischer zeigt eine exemplarische Situation, in der politische Fragen und Patentrezepte, die in den letzten Jahren zu massiven Veränderungen in der europäischen Gesellschaft geführt haben, konkret auf dem Prüfstand stehen. Fischer verzichtet auf einfache Antworten auf die komplexen Fragen, die von Styx aufgeworfen werden.
Drehbuch: Wolfgang Fischer, Ika Künzel; Regie: Wolfgang Fischer; Kamera: Benedict Neuenfels; Schnitt: Monika Willi; Drehort: Malta, Deutschland, Oktober – Dezember 2016. Förderung: Österreichisches Filminstitut, Film- und Medienstiftung NRW, Eurimages, Malta Film Commission, Medienboard Berlin-Brandenburg, Deutscher Film und Fernsehfonds, FFA, BKM; Fernsehbeteiligung: WDR/ARTE. 2018: Heiner-Carow-Preis, Preis der Ökumenischen Jury.
Schlomo Hofmeister, *1975 in München; Studium der Sozialwissenschaften, Geschichte und Politik in München, an der University of British Columbia und der London School of Economics, Rabbinatsstudium in Jerusalem. Seit 2008 Gemeinderabbiner der IKG Wien, seit 2016 zudem steirischer Landesrabbiner und Oberrabbiner von Graz.
Friedrun Huemer, *1944, Studium der Biologie und Psychologie, 1996 bis 2001 Nichtamtsführende Stadträtin (Grüne) in Wien, Schwerpunkte Kultur, Soziales, Menschenrechte. Therapeutin und seit 2006 Obfrau von Hemayat – Betreuungszentrum für Folter- und Kriegsüberlebende.
Bernhard Kittel, * 1967 in Wien, aufgewachsen in der Schweiz und in den Niederlanden; Studium der Politikwissenschaft in Wien, Lehrtätigkeit und Professuren in Bremen, Amsterdam, Oldenburg, seit 2012 Professor für Wirtschaftssoziologie und Institutsvorstand am Institut für Wirtschaftssoziologie der Universität Wien. Publikationen (Auswahl): Moderner Nationalismus. Zur Theorie politischer Integration (1995); Gesetzgebung in Österreich. Akteure, Netzwerke und Interaktionen in politischen Entscheidungsprozessen (mit Emmerich Tálos, 2001); Public Sector Employment Regimes. Transformations of the State as an Employer, (mit Karin Gottschall, Kendra Briken, Jan-Ocko Heuer, Silvia Hils, Sebastian Streb & Markus Tepe , 2015); Sprachkontakt – Sprachmischung – Sprachwahl – Sprachwechsel (mit Diana Lindner, Mark Brüggemann, Jan Patrick Zeller & Gerd Hentschel, 2018).
Marie-Claire Sowinetz, *1985, Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und Romanistik in Österreich und Frankreich, arbeitet seit 2012 im Österreich-Büro des UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR (United Nations High Commissioner for Refugees) und ist in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig. 2015 Kriseneinsatz im Rahmen der UNHCR-Operation für Flüchtlinge aus dem Jemen in Dschibuti. Mit-Autorin (Auszüge): Flucht und Asyl in Österreich; Flucht und Trauma im Kontext Schule. Handbuch für PädagogInnen; Riskieren Sie einen Blick hinter Ihre Vorurteile.
Lydia Mischkulnig, *1963 in Klagenfurt, literarisch tätig seit 1991, lebt in Wien. Zuletzt erschienen: Macht euch keine Sorgen. Neun Heimsuchungen (2009); Schwestern der Angst. Roman (2010); Vom Gebrauch der Wünsche. Roman (2014); Die Paradiesmaschine. Erzählungen (2016). www.lydiamischkulnig.net
Christa Zöchling, *1959 in Graz. Geschichte- und Germanistik-Studium in Graz und Wien. Deutschkurse für Ausländer an der Universität Wien. Mitarbeit an Projekten zur Zeitgeschichte. Redakteurin der “AZ”, beim “Kurier”, seit 1992 bei “Profil”. Mehrfache journalistische Auszeichnungen; Buchbeiträge zum Thema Rechtspopulismus; Licht und Schatten einer Karriere. Biographie Jörg Haider (1999).
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LQ – Literarisches Quartier | Schönlaterngasse 9, 1010 Wien
Stufenloser Zugang zu Galerie (GLZ) und Schmiede-Werkstatt (AS)
Barrierefreies WC im Erdgeschoss
Zu Veranstaltungszeiten Behindertenparkplatz vor dem Haus Schönlaterngasse 13
Freier Eintritt bei allen Veranstaltungen in der Alten Schmiede!