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GRUNDBÜCHER der österreichischen Literatur seit 1945
71. Grundbuch: BODO HELL: STADTSCHRIFT (edition neue texte, 1983/Bibliothek der Provinz, 2015) • Bodo Hell (Wien) liest und projiziert • MARTIN KUBACZEK (Wien) referiert • Diskussion; Redaktion und Moderation: KLAUS KASTBERGER (Franz-Nabl-Institut für Literaturforschung, Universität Graz), Kurt Neumann • 27.11., 19.30, Linz, Stifter-Haus • Grundbücher der österreichischen Literatur seit 1945 (Hg. K. Kastberger, K. Neumann) – Erste Lieferung (profile 14, Zsolnay, 2007); Zweite Lieferung (profile 20, Zsolnay, 2013); Dritte Lieferung (profile 26, Zsolnay, 2019)
Bodo Hell dokumentiert als Fotograf seit Jahrzehnten die in der Stadt gesetzten Schriftzüge und Zeichen, die oft auch dann noch wahrzunehmen sind, wenn sie ihre Funktion als Hinweis auf Geschäfte, Lokalitäten, Wegrichtungen längst verloren haben. So ergibt sich eine Art belebter Vielschichtigkeit von Produktwerbung, Dienstleistungssignalen, spirituellen Impulsen, die den Schriftsteller Bodo Hell anfeuern, Gedankenverbindungen zwischen diesen vielgestaltigen optischen Appellen und allen möglichen kulturellen, zivilisatorischen und religiösen Phänomenen und Vorstellungen herzustellen. Gerade aus der Diachronie und der Dislokation von Zeichen und Bezeichnetem entspringen grotesk-komische und erhellende, gleichsam lebens-archäologische Effekte.
Hell experimentiert mit der Lesbarkeit einer Welt, die er diachron und synchron, horizontal und vertikal durchforscht. Er verweist auf Prätexte, arbeitet mit Subtexten, montiert und rhythmisiert seine Materialien, formt aus dem Fundus seiner Archive die Objets trouvés und Readymades zu Text-Clips und Bricollagen in ausgreifenden energetischen Bögen, die er thematisch und motivisch arrangiert.
Der Text wird Echoraum im »Dickicht der Verweise«. Deren virtuelle Aneignung erfolgt mittels Parataxe, Modulation und Permutationen. Diskurse und Fremdtext werden in einem Stakkato der Vielstimmigkeit gebrochen, Zeichen und Oralität, Interaktion und Signal werden choreographiert zu Hör- und Schriftbildern.
(Martin Kubaczek)
Bodo Hell, *1943 in Salzburg. Studien am Salzburger Mozarteum (Orgel), an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien (Film und Fernsehen) sowie an der Universität Wien (Philosophie, Germanistik und Geschichte). Lebt in Wien und am Dachstein. Prosa, radiophone Arbeiten, Theater, Text im öffentlichen Raum, Fotos, Film, Musik, Almwirtschaft. Auszeichnungen (u.a.): 1972 Rauriser Literaturpreis; 1991 Erich-Fried-Preis; 2003 Preis der Literaturhäuser; 2006 Telekom-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Preis. Publikationen (u.a.): Dom Mischabel Hochjoch. 3 Bergerzählungen (1977); Stadtschrift (1983); Larven Schemen Phantome/Der Donner des Stillhaltens (mit Friederike Mayröcker, 1986); 666. Erzählungen (1987); wie geht’s. Erzählungen (1989); Die wirklichen Möglichkeiten. Rede zum Erich-Fried-Preis (1992); Gang durchs Dorf: Fingerzeig (Fotobuch zu den Deinzendorf-Texten von Friederike Mayröcker, 1992); Gaußplatz 11 (mit Lotte Ingrisch u. Linde Waber, 1993); In allen Strophen geläufig (mit Martin Lachmair, 1993); Mittendrin. Erzählungen (1994); Herr im Schlaf. Ein Griff ins emblematische Alltagstheater (1996); Die Devise lautet. Erzählung (1999); Augenklappe (Fotografie: Otto Saxinger, 2000); Tracht : Pflicht. Lese- und Sprechtexte (2003); Nothelfer. Essay (2008); Herbe Garbe, Weiberkittel. Von Heiligen, Pflanzen und Substanzen (mit Elsbeth Wallnöfer, Peter und Wolfgang Kubelka, 2008); Admont Abscondita. Prosa (mit Norbert Trummer, 2008); immergrün. Sudarium. Calendarium (mit Linda Wolfsgruber, 2011); Untersberg. Geschichten, Grenzgänge, Gangsteige (mit Peter Kubelka, Walter Seitter, Elsbeth Wallnöfer, 2012); Nachsuche. 3 Erzählungen (mit Ingrid Schreyer, 2012); Im Flug der Tage (mit Zeichnungen von Linde Waber, 2013); Bodo Hell Omnibus. Texte zu/Beiträge von Bodo Hell (2013); Landschaft mit Verstoßung. Ein dreifaltiges Hörstück (mit Friederike Mayröcker und Martin Leitner, 2014); Matri Mitram. Engelsgespräche/Bildersturm (mit Zeichnungen von Norbert Trummer, 2014); kein Maulwurfshügel. topo-graphische SemmeringBilder (mit Zeichnungen von Norbert Trummer, 2016); Ritus und Rita. Essay (2017); Parallelprosa mit Insel Werd (mit Zsuzsanna Gahse; Illustrationen von Christian Thanhäuser, 2017); Tornado. Spur ins Heute (mit Alois M. Holzer u. Peter Kubelka, 2018); Wilder Dachstein (mit Elsbeth Wallnöfer und Peter Kubelka, 2018).
Martin Kubaczek, *1954, studierte Violine an der Musikakademie Wien sowie Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Wien. Von 1990 bis 2007 war er mehrfach Lektor, Dozent und Gastprofessor in Tokio und Nagoya, Japan. Zurzeit lebt er als Schriftsteller, Literaturvermittler und Violinist in Wien. Zuletzt erschienen u.a.: Die Knie meiner Mutter und mein Vater im Krieg. Erzählung (2011); Spurensuche im Möglichkeitsraum. Die Erzählwelten des Peter Henisch (hg. mit Daniel Terkl, 2015); Stimmen im Sprachraum. Sterbensarten in der österreichischen Literatur. Beiträge des Ilse-Aichinger-Symposions Tokio (Hg., 2015); Nebeneffekte. Gedichte (2015); Palais Rotenstern. Gedichte (2018).
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