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HEINZ R. UNGER (1938–2018)
HEINZ R. UNGER: Die Freiheit des Vogels im Käfig zu singen. Politische Lyrik (Mandelbaum Verlag, 2018) • MICHAEL HAMMERSCHMID, CHRISTINE HUBER, GERHARD JASCHKE, KONSTANTIN KAISER, MARIE-THÉRÈSE KERSCHBAUMER, ILSE KILIC, KURT NEUMANN, WILHELM PEVNY, PETER ROSEI, GERHARD RUISS, ROBERT SCHINDEL, CORNELIA TRAVNICEK, GEORG HERRNSTADT lesen und kommentieren • in Zusammenarbeit mit dem Mandelbaum Verlag
Er trifft den Volksliedton, den Landsknechtston, den Eisler- und Brecht-Ton, er kann Knittelverse schnitzen und Balladen à la Biermann hämmern, er hat als Wiener von Karl Kraus gelernt, wie man Zitate zu Bumerangs macht, zeigte sich Hilde Spiel über Heinz R. Ungers literarisches Können begeistert, das sich auch in der Vielfalt der Textarten zeigt, aus denen sein Werk zusammengesetzt ist. Unger ist in vielen Genres daheim, worauf auch Erich Hackl aufmerksam macht, wenn er anlässlich des Erscheinens von Löwenslauf (2004) vermerkt: Heinz R. Unger, einer der wichtigsten politischen Dramatiker der zweiten Republik, ein bedeutender Lyriker auch, hat einen Kriminalroman geschrieben. Unger verfasste unter anderem experimentelle Theaterstücke und Fernsehspiele, politische Liedtexte, Opernlibretti und Hörspiele, sowie Jugend- und Kinderbücher, die er teilweise selbst illustrierte. Seine Bühnentrilogie Die Republik des Vergessens gilt als wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit Österreichs, wobei vor allem das Stück Zwölfeläuten (UA Volkstheater Wien, 1985), das auch in Prosaform vorliegt und 2001 vom ORF verfilmt worden ist, große öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zog.
Die Freiheit des Vogels im Käfig zu singen. Politische Lyrik (Mandelbaum Verlag, 2018): Um die Macht des politischen Liedes wusste bereits J. W. Goethe. Heinz Rudolf Unger setzt diese Tradition fort und nimmt sich die Freiheit, politisch zu dichten. Aus Anlass seines 80. Geburtstags erscheint Die Freiheit des Vogels im Käfig zu singen, eine Sammlung der politischen Gedichte aus vier Jahrzehnten.
Was ändert man mit einem Lied? Diese rhetorische Frage nach der Wirksamkeit politischer Literatur stellt Heinz Rudolf Unger in seinem Vorwort. Zweiflern rät er, die Gegenfrage zu beantworten, nämlich warum in so vielen Ländern Schriftsteller und Journalisten im Kerker landen und warum Diktatoren nichts so sehr fürchten wie das freie Wort? Der zutiefst politische Literat ist davon überzeugt, dass es so etwas wie unpolitische Kunst gar nicht geben kann, sondern dass seichte, inhaltsarme Unterhaltung ein wirksames Instrument des »Unten-haltens« ist. Er, der allergisch auf soziale Ungerechtigkeit reagiert, weiß, dass wir ständig manipuliert werden. Deshalb packt er ganze Bücher in wenige Zeilen, komprimiert historische Epochen in einem Lied, versucht Konflikte auf den Punkt zu bringen, erzählt in seinen Texten von Kampf und Widerstand. Denn so mancher Streik war nicht erfolgreich, aber das Lied darüber wird 40 Jahre später immer noch gehört. (Mandelbaum Verlag)
Heinz R. Unger, *1938 in Wien, †12.2.2018. Er war als Schriftsetzer, Verlagshersteller, Werbetexter und Zeitungsredakteur tätig, bevor er sich 1969 dafür entschied, als freischaffender Schriftsteller, Dichter und Dramatiker zu arbeiten. Publikationen (Auswahl) – Gedichte, Lieder, Songs: In der Stadt der Barbaren (1971); Das Lied des Skorpions (1979); Mir kommt die Schreibe hoch (1988); Odysseus, an den Mast geschnürt (1992); Wahl-los (1994); In der verkehrten Welt. Reisegedichte (2006); Die Proletenpassion (in Zusammenarbeit mit der Rock-Gruppe Schmetterlinge, 1976); Theaterstücke: Orfeus wird kein Konsument (1969); Stoned Vienna (mit Armin Thurnher, 1970); Trausenit tut totentanzen (1972); Spartakus (1973); Heut’ Abend tanzt Lysistrate (frei nach Aristophanes, 1979); Unten durch (1980); Die Päpstin (1984); Hoch hinaus (1987); Zwölfeläuten (1998 – spätere Film- und Prosafassungen); Ein Versteck im 20. Jahrhundert (1994); Kinderbücher: Die Fliege am Broadway (1989); Däumling reist windwärts (1992); Kellerkind (1995); Romane: Karneval der Götter (1999); Löwenslauf (2004); Libretti, Hörspielproduktionen, Filme.
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