Fr, 19:00
LQ
Musik der Russischen Revolution
FRANZ SCHUH liest Texte über die Russische Revolution und die Folgen, SUYANG KIM (Klavier) und BERNHARD METZ (Violine) interpretieren Werke u.a. von Sergej Prokofjew und Dmitri Schostakowitsch
Als vor hundert Jahren die Revolution der Bolschewiki und der darauf folgende Bürgerkrieg durch die russische Gesellschaft wütete, zerbrach die enge Verbindung zwischen russischer und europäischer Musik. Die „Umwertung aller Werte“ war die Folge – es musste eine neue künstlerische und musikalische Welt errichtet werden.
1917 verbrachte Igor Strawinsky bereits die meiste Zeit in Europa; Sergej Rachmaninow verließ Russland nach der Revolution; Nikolai Mjaskowski bleibt zurückgezogen in seiner Heimat, obwohl sein Vater 1919 von einem Revolutionär erschossen wurde. …Komponisten wie Dmitri Schostakowitsch, Sergej Prokofjew oder Alexander Mossolov leisteten ihren Anteil am neuen sowjetischen Staat und komponierten Werke, die der Revolution und dem „neuen sowjetischen Menschen“ ein Denkmal setzen sollten.
Sergej Prokofjew hatte ein gespaltenes Verhältnis zu den Bolschewiki, er verließ 1918 Russland, schrieb aber davor noch die Kantate „Es sind ihrer Sieben“, eine dämonische Explosion an Lärm und Energie. 1936 kehrte er nach Russland zurück, wo er einen neuen Stil findet. Er war überzeugt Musik schreiben zu müssen, die einen gesellschaftlichen Auftrag erfüllte, was sich in der Vereinfachung der Harmonik und in der Bezugnahme auf Traditionen und Volksmusiken ausdrückt. Erst während des Zweiten Weltkriegs wird seine Tonsprache wieder schärfer, was ihm prompt eine Parteiresolution wegen „formalistischer Tendenzen“einbrachte. Prokofjew starb am 5. März 1953, am selben Tag wie sein größter ideologischer Peiniger Stalin.
Dmitri Schostakowitsch war 11 Jahre alt, als er Augenzeuge wurde, wie ein Arbeiter bei einer Demonstration von einem Polizisten erschossen wurde. Die Kompositionen „Hymne an die Freiheit“ und ein „Trauermarsch für die Opfer der Revolution“ sind unmittelbare Reaktionen auf das Erlebnis, das ihn Zeit seines Lebens verfolgte. Nach großen Erfolgen in den 1920er Jahren fällte er nach der Aufführung seiner Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ bei Stalin höchstpersönlich in Ungnade; er wird „linksradikaler Zügellosigkeit“, „kleinbürgerlichem Neuerertum“ und des „Formalismus“ bezichtigt; Aufführungen seiner Werke werden verboten und er wird mehrfach in die berüchtigte Geheimdienstzentrale Lubjanka als Volksfeind vorgeladen. Er bleibt in Russland, aber das „Warten auf die Exekution ist eines der Themen, die mich mein leben lang gemartert haben. Viele Seiten meiner Musik sprechen davon“, schrieb er später in seinen Memoiren.
– –
LQ – Literarisches Quartier | Schönlaterngasse 9, 1010 Wien
Stufenloser Zugang zu Galerie (GLZ) und Schmiede-Werkstatt (AS)
Barrierefreies WC im Erdgeschoss
Zu Veranstaltungszeiten Behindertenparkplatz vor dem Haus Schönlaterngasse 13
Freier Eintritt bei allen Veranstaltungen in der Alten Schmiede!