Do., 18:00
AS
POLIVERSALE 2018. 12. Abend – Teil I
Klage, Lob, Liebe, Tod: Übersetzte und dichterisch fortgesetzte Poesie des Mittelalters – Einleitungen und Moderation: Michael Hammerschmid • STUNDE DER LITERARISCHEN ERLEUCHTUNG – ein ›Hiob‹ der Pariser Straßen:
RUTEBEUF (Frankreich, 1230–1285) WINTERPECH & SOMMERPECH. Die Poeme vom großen Würfeln: vom Unglück, Missgeschick und Allerlei (übertragen und mit einem Essay von Ralph Dutli, Wallstein Verlag, 2017) • RALPH DUTLI (Schweiz – Deutschland) rezitiert und kommentiert • mit freundlicher Unterstützung der Schweizer Kulturstiftung PRO HELVETIA
Rutebeuf (etwa: »rüder Ochse«) ist eine außergewöhnliche Erscheinung unter den französischen Dichtern des 13. Jahrhunderts, ein urbaner Dichter völlig neuen Typs im Mittelalter. Weder sein genaues Geburts- noch sein Todesdatum sind bekannt: geboren um 1230, gestorben um 1285, er kam wahrscheinlich aus der Stadt Troyes in der Champagne als Student nach Paris. Seine Werke entstanden ab der Mitte des 13. Jahrhundert. Die Vielfalt seiner Themen und Genres ist erstaunlich: autobiographische Beichte, herbe Gesellschaftssatire, allegorische Hof- und Königskritik (er lebte unter der Regentschaft Ludwigs des Heiligen und Philipps des Kühnen), religiöses Theaterstück, Heiligenlegende, derber Schwank, Nonsensedichtung, inbrünstiges Gebet.
Rutebeuf ist der erste Dichter Frankreichs, der selbstbewusst von seinem eigenen »Ich« berichtet, von seiner gegenwärtigen Verfassung und seiner Fassungslosigkeit angesichts dauernden Unglücks und Missgeschicks. Seine Orte sind die Stadt, die Straße, die Menschenansammlung. In sieben »persönlichen Poemen« legt er seine Misere dar: Geldnot und Spielsucht, glücklose Heirat, Armut, Klage, Reue, Tod. Aus den Texten lassen sich einzelne Ereignisse destillieren, keine komplette Lebenserzählung, nur Episoden, schroffe Fragmente. (Ralph Dutli, in geänderter Reihenfolge zitiert)
Ralph Dutli, *1954 in Schaffhausen, lebt in Heidelberg. Studium der Romanistik und Russistik an der Universität Zürich und der Sorbonne in Paris, wo er zwischen 1982 bis 1994 lebte. Lyrik, Übersetzungen von u.a. Marina Zwetajewa, Anna Achmatowa, Joseph Brodsky und einer Werkausgabe Ossip Mandelstams; Essays, Romane und Kulturgeschichtliches. Veröffentlichungen (Auswahl): Notizbuch der Grabsprüche. Gedichte 1982–2002 (2002); Novalis im Weinberg. Gedichte (2005); Nichts als Wunder. Essays über Poesie (2007); Soutines letzte Fahrt. Roman (2013); Die Liebenden von Mantua. Roman (2015); Mandelstam, Heidelberg. Gedichte und Briefe 1909–1910 (2016); Dantes Gesänge – Gerät zum Einfangen der Zukunft. Ossip Mandelstams »Gespräch über Dante« (2017).
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