Mo, 19:00
AS
Verlage im Blickpunkt: RITTER VERLAG
Verlagsvorstellung, Einleitungen und Moderation: Paul Pechmann • Lesungen von THOMAS ANTONIC (Wien) Flackernde Felsbilder übler Nachtvögel (2017) • .aufzeichnensysteme (Wien) im grünen (2017) • GÜNTER EICHBERGER (Graz) Hirn ohne Grenzen (2017)
Bildbände u.a. von Marc Adrian, Günter Brus, Maria Lassnig, Franz Erhard Walter oder von Lore Heuermann, Mar Vicente, Cornelius Kolig dokumentieren zentrale Positionen des 1980 in Klagenfurt gegründeten RITTER Verlags, von den Nachkriegsavantgarden bis in die Gegenwart. Entsprechend der Ausrichtung des Kunstverlags und der Ritter Gallery publiziert RITTER LITERATUR konsequent experimentelle, bzw. (neo-)avantgardistische Texte. Zum Stamm zählen heute AutorInnen aus drei Generationen wie Gerhard Rühm, Felix Philipp Ingold, Ilse Kilic, Peter Pessl, Ronald Pohl oder Max Höfler. Nachlasseditionen von Gunter Falk, Joe Berger und Wolfgang Bauer komplettieren ein Programm, das Literatur als Kunstform begreift, die kraft avancierter Konzepte und Gestaltungsweisen unsere Modi des Denkens und Empfindens herauszufordern und zu bereichern vermag.
Die im Rahmen des Verlagsabends vorgestellten AutorInnen stehen paradigmatisch für den Literaturbegriff von RITTER, der in besonderem Maß für poetische Diversität und poetologische Reflektiertheit steht. (Ritter Verlag)
Thomas Antonics Flackernde Felsbilder übler Nachtvögel enthält aus Cut-up- und anderen Montageverfahren generierte Prosasplitter, verstreut entlang einer Dead-Line dies- und jenseitiger Seinszustände. Emergente Wahrnehmungen und Vorstellungen fügen sich mit furiosen Pamphleten und verqueren Lebensweisheiten zu einem rauschhaften Szenarium, das Bewegungen unterschiedlicher Bewusstseinszonen choreographiert. Durchzogen mit Anspielungen und Zitaten v.a. aus transatlantischen Literatur-, Film- und Musikkontexten, formen sich flirrende Visionen aus einer kalten Zwischenwelt zum Pandämonium einer durch medialen Irrsinn und Terrorismus erodierten Zivilisation. Ein Coup poetischer Eskalation.
Es entsteht, was stehen bleibt, pointiert die unter .aufzeichnensysteme firmierende Autorin die Genese ihrer zweizeilig-strophigen poetischen Gebilde. Destilliert aus umfangreichen (journalartigen) Prosatexten wurde Material nach seiner Eignung, Potential als Projektionsfläche zu entfalten, ausgewählt und zu bis ins Äußerste reduzierten Mikroerzählungen collagiert. Naturwahrnehmungen, Betrachtungen von Alltagsdingen und reflexive Einsprengsel erscheinen als dialektische Walnusshälften oder als Schalen ohne metaphorischen Kern. Mit im grünen entwickelt .aufzeichnensysteme eine fluide Form der Kurzschrift, die Abgründe der Gegenwart nicht durch vorschnelle Sinnstiftung kaschiert, sondern in dichterischer Immanenz erfahrbar macht.
Ein Gehirn bildet bislang ungeahnte Zentren und dehnt sich bis zur Größe des Universums aus: Kopf und Weltall sind identisch. In Gang gesetzt werden solcherlei Gedankenexperimente in Günter Eichbergers Hirn ohne Grenzen von einem Ich, das sich selbst in jedem Satz neu entwirft. In ausschweifenden Phantasien ruft der Autor erkenntnistheoretische Modelle und solche aus der Gehirnforschung auf, die er im Wörtlichnehmen ihrer Sprachbilder zerstieben lässt. In einem Furioso an paradoxen Aphorismen, vorgeblichen Kindereien und echten Geistesblitzen findet ein ungezügeltes dichterisches Denken seinen unverwechselbaren Ausdruck: Selten wird die Unzulänglichkeit sprachlicher Weltaneignung derart pointiert zur Sprache gebracht.
.aufzeichnensysteme bezeichnet seit 2002 den Arbeitsansatz an der Schnittstelle von schriftlicher, zeichnerischer, technischer, leiblicher Aufnahme und Wiedergabe (sehen/hören/sprechen/fühlen). .aufzeichnensysteme vereint die im Austausch stehenden Disziplinen Literatur, visuelle/Medienkunst, performative und akustische/radiophone Kunst und inszeniert u.a. Schreibmaschinen, Diktaphone und Projektoren als Aufzeichnen-Geräte.
Thomas Antonic, *1980 in Bruck an der Mur, lebt als Autor, Musiker und Literaturwissenschaftler in Wien. Im Ritter Verlag gab Antonic eine Reihe von Nachlassbänden Wolfgang Bauers und Joe Bergers heraus, zuletzt Bauers Der Rüssel (2015).
Günter Eichberger, *1959 in Oberzeiring/Steiermark, lebt als Schriftsteller in Graz. Zuletzt im Ritter Verlag erschienen: Wimperntierchen (2015); Ferienmörder. Stücke (2016).
Paul Pechmann, *1964 in Wagna/Steiermark, lebt als Literaturwissenschaftler und Verlagslektor in Graz und Wien. (Paul Pechmann)
– –
AS – Alte-Schmiede-Werkstatt | Schönlaterngasse 7A, 1010 Wien
Stufenloser Zugang zu Galerie und Schmiede-Werkstatt
Barrierefreies WC im Erdgeschoss
Zu Veranstaltungszeiten Behindertenparkplatz vor dem Haus Schönlaterngasse 13
Freier Eintritt bei allen Veranstaltungen in der Alten Schmiede!