Di, 18:00
AS
Stunde der literarischen Erleuchtung – GEDÄCHTNISMOMENTE DER LITERATUR
ERICH MARIA REMARQUE (1898, Osnabrück – 1970, Locarno) IM WESTEN NICHTS NEUES. Ein Bericht (Vossische Zeitung, 1928; Propyläen Verlag, 1929) • ALFRED GOUBRAN (Wien) liest und kommentiert • mit freundlicher Zustimmung von Mohrbooks
Erich Maria Remarques Roman »Im Westen nichts Neues« zählt heute zur Schullektüre und ist, mit mehr als 20 Millionen verkauften Exemplaren, der am weitesten verbreitete literarische Text deutscher Sprache. Remarque, von den Kriegserfahrungen traumatisiert, gelang es zunächst nicht, in der Gesellschaft wieder Fuß zu fassen, er arbeitete als Volksschullehrer, Grabsteinverkäufer, Organist, Werbetexter einer Gummifabrik und war Redakteur einer Sportzeitschrift. Er veröffentlichte Gedichte und Kurzprosa, 1920 erschien sein Künstlerroman »Die Traumbude« und 1927/1928 als Fortsetzungsroman »Station am Horizont«. Erst zehn Jahre nach Kriegsende war er so weit, sich der Aufarbeitung seiner Kriegserlebnisse zu stellen. So läßt sich der rasche Erfolg – das Buch erschien im Januar 1929, im Mai waren bereits 1 Million Exemplare verkauft – darauf zurückführen, daß es ein Generationenbuch war, das die verdrängten Erfahrungen und Erlebnisse des I. Weltkrieges zur Sprache brachte. Viele zweifelten damals daran, daß der Erfolg anhalten würde. »Im Westen nichts Neues« gilt heute als das Antikriegsbuch schlechthin. Remarque selbst schreibt in der Präambel zu dem Buch, daß es »weder eine Anklage noch ein Bekenntnis« sein soll, sondern »der Versuch, über eine Generation zu berichten, die vom Krieg zerstört wurde – auch wenn sie seinen Granaten entkam«.
Der Eintritt des jungen Paul Bäumer in den Krieg, in eine fremde Welt, der Zusammenbruch einer »vermittelten Weltanschauung« durch Lehrer, Eltern und Öffentlichkeit/Obrigkeit, die Erfahrung einer anderen Wirklichkeit – das sind Motive und Themen, die auch heute noch den Generationenbruch begleiten und dem Einzelnen in Existenzkrisen erfahrbar sind. Von historischer Bedeutung ist die Schilderung des industriellen Krieges, dem die Soldaten erstmals ausgeliefert waren, den »neuen Waffen«, den Panzern, U-Booten, Flugzeugen, Giftgasen, Maschinengewehren und Flammenwerfern, denen sie wenig mehr als Gasmasken und die Erfindung des Stahlhelmes entgegenzusetzen hatten – die Erfahrung der bis dahin ungesehenen Kriegsschrecken, wie sie auch Ernst Jünger in den »Stahlgewittern« beschrieben hat, doch ohne den Versuch einer Deutung dieser Schrecken als Mittel oder Begleiterscheinungen für einen höheren Sinn, was, im letzten, die Unmittelbarkeit des Textes noch verstärkt.
»Im Westen nichts Neues« wurde von den Nazis verbrannt, dem Autor 1938 die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Er emigrierte in die Schweiz, später in die USA, 1947 erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft, nachdem es von deutscher Seite kein Angebot gab, ihm die deutsche Staatsbürgerschaft wieder zuzuerkennen. Er starb 1970 in Locarno. (Alfred Goubran)
Erich Maria Remarque, *1898 in Osnabrück als Sohn eines Buchdruckers. Besuch eines katholischen Lehrerseminars, 1917 Soldat an der Westfront. Nach 1945 lebt Remarque abwechselnd in New York und in Porto Ronco (Schweiz). Zu seinen Romanen, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden, zählen Der Weg zurück (1931), Drei Kameraden (1936/38), Arc de Triomphe (1945), Der schwarze Obelisk (1956) und Die Nacht von Lissabon (1962).
Alfred Goubran, *1964 in Graz, 1993–2010 Verleger der Edition Selene, seither freier Schriftsteller und Chansonnier. Werkauswahl: Betrachtungen in der Endlichkeit des freien Falls (1987); Datura oder Die Reise in den Mittelpunkt der Angst (1991); Der Pöbelkaiser. Ein Brief (2002); Tor. Erzählung ( 2008); Aus. Roman (2010); Der gelernte Österreicher. Idiotikon (2013); Die Glut. Chansons (CD, 2014); Durch die Zeit in meinem Zimmer. Roman (2014); Das letzte Journal. Roman (2016).
– –
AS – Alte-Schmiede-Werkstatt | Schönlaterngasse 7A, 1010 Wien
Stufenloser Zugang zu Galerie und Schmiede-Werkstatt
Barrierefreies WC im Erdgeschoss
Zu Veranstaltungszeiten Behindertenparkplatz vor dem Haus Schönlaterngasse 13
Freier Eintritt bei allen Veranstaltungen in der Alten Schmiede!