Mo, 19:00
LQ
WELTBEFRAGUNG – ILIJA TROJANOW
7. Gespräch: THOMAS MACHO (Philosoph, Kulturwissenschaftler; Direktor des IFK Wien) zum Thema LITERATUR – IDEAL UND GESELLSCHAFT. Vertiefende Überlegungen zu den Problemstellungen der gleichnamigen Enquete zur Literaturvermittlung in Österreich (29./30.9.2016, Odeon Wien)
Mit seinen Sachbüchern Angriff auf die Freiheit. Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte (mit Juli Zeh, 2009) und seinem »Essay zur Würde des Menschen im Spätkapitalismus«, Der überflüssige Mensch (2013) hat Ilija Trojanow wichtige Beiträge zu einer unabdingbaren öffentlichen Auseinandersetzung über die fatalen und inhumanen Entwicklungen der europäischen Gesellschaften und die offensichtliche Erosion der oft beschworenen »europäischen Werte« geleistet. In Gesprächen mit Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft thematisiert Ilija Trojanow entscheidende Entwicklungen der Gegenwart auf der Suche nach einem Verständnis, das zu neuen Aufbrüchen führen kann.
2015/16 fanden sechs Gespräche statt, nun greift Ilija Trojanow gemeinsam mit dem Kulturwissenschaftler Thomas Macho das Leitthema der Enquete Literatur – Ideal und Gesellschaft auf, die zehn österreichische literarische Veranstaltungshäuser im September 2016 in Wien durchgeführt haben. Die massiven Veränderungen, denen die Universaldisziplin Literatur in Gesellschaften, die mit Intensität auf Masseninformation, Normierung und schnelle Medien getrimmt werden, ausgesetzt ist, verlangen eine permanent geführte und vertiefende öffentliche Auseinandersetzung. Diese Enquete wollte die aktuelle Situation der im gesellschaftlich-kulturellen Arbeitsfeld »Literatur« mitwirkenden Protagonistinnen und Protagonisten – Einzelpersonen, Berufsgruppen und Gewerbe – unabhängig von einseitigen Interessensreklamationen erfassen und dabei die Entwicklungen bedenken, die durch ein sich wandelndes Selbstverständnis der produktiven Kräfte der Literatur, durch Änderungen der technisch-medialen Produktionsmittel und Distributionsweisen sowie der öffentlichen nationalen und europäischen Förderungsstrategien in Bewegung gehalten werden.
Zeitgleich zur Enquete wurde das Buch Zwischen Schreiben und Lesen veröffentlicht, in dem spezifische Standpunkte und Erfahrungen zeitgenössischer Autorinnen und Autoren (Wolfgang Bleier, Reinhard Kaiser-Mühlecker, Ludwig Laher, Teresa Präauer, Martin Prinz, Gerhard Ruiss, Margit Schreiner, Michael Stavarič, Marlene Streeruwitz, Bernhard Strobel und Erika Wimmer) gesammelt sind.
Thomas Macho, *1952 in Wien, 1970–1975 Studium der Philosophie, Musikwissenschaft und Pädagogik an der Universität Wien; 1976 Promotion an der Universität Wien (Zur Dialektik des musikalischen Kunstwerks); 1984 Habilitation für das Fach Philosophie an der Universität Klagenfurt (Von den Metaphern des Todes. Eine Phänomenologie der Grenzerfahrung); seit 1993 Universitätsprofessor für Kulturgeschichte, seit März 2016 Direktor des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften in Wien. Zahlreiche Veröffentlichungen – Auswahl: Das zeremonielle Tier. Rituale – Feste – Zeiten zwischen den Zeiten (2004); Folter. Politik und Technik des Schmerzes (hg. mit Karin Harrasser und Burkhardt Wolf, 2007); Das Leben ist ungerecht. Unruhe bewahren (2010); Vorbilder (2011); Bonds. Schuld, Schulden und andere Verbindlichkeiten (Hg., 2014).
Ilija Trojanow, *1965 in Sofia; 1971 Flucht der Familie, politisches Asyl in Deutschland. 1972–1984 Schulbesuch in Kenia, Studium der Rechtswissenschaften und Ethnologie in München, Verlagsgründungen. 1999 Übersiedlung nach Mumbai, lebte 2003–2007 in Kapstadt, seit 2008 in Wien. Sachbücher und Reiseführer über Afrika, Übersetzung afrikanischer Autoren. 1996 erster Roman Die Welt ist groß und Rettung lauert überall (1996). Buchveröffentlichungen zuletzt: Oberammergau. Richard F. Burton zu Besuch bei den Passionsspielen (2010); EisTau. Roman (2011); Der überflüssige Mensch. Essay (2013); Macht und Widerstand. Roman (2015); Meine Olympiade. Ein Amateur, vier Jahre, 80 Disziplinen (2016).
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