Do, 11:00
AS
… bin ich aus sprache oder nicht – Elfriede Gerstl (1932–2009)
Tagung des Vereins Neugermanistik (Universität Wien) – Konzept und Durchführung: Univ.-Prof. Dr. KONSTANZE FLIEDL (Universität Wien), Dr. CHRISTA GÜRTLER (Universität Salzburg)
11.00: Eröffnung der Tagung
11.15: Gisela Steinlechner (Wien): Zu Elfriede Gerstls frühen Texten
12.00: Alexandra Millner (Wien): Berechtigte Fragen. Elfriede Gerstls Hörspiele
14.30: Manfred Glauninger (Wien): Zur (literarischen) Medialität des »Wienerischen« bei Elfriede Gerstl
15.15: Ryszard Wojnakowski (Krakau): Elfriede Gerstl – eine Herausforderung wie immer?
16.30: Katharina Serles (Dresden): »bin abwesend anwesend« – (K)eine Gerstl-Revue
Der 85. Geburtstag von Elfriede Gerstl, einer der wichtigsten Schriftstellerinnen der österreichischen Literatur nach 1945, und die Herausgabe des fünften und letzten Bandes der Werkausgabe sind Anlass, sich aus verschiedenen Perspektiven mit ihrem singulären Werk zu beschäftigen. Erstmals kann man im fünften Band einen Blick in ihre Schreibwerkstatt werfen – ihr Nachlass enthält eine große Zahl an unveröffentlichten Blättern und Notizbüchern. Behutsam wurde aus jenen Texten, die nicht bloß Fragment geblieben sind, eine Auswahl aus Lyrik, Prosa, Träumen und »Denkkrümeln« getroffen.
Die Vorträge der Tagung beschäftigen sich mit bisher wissenschaftlich noch wenig erforschten Fragestellungen wie dem »Wienerischen« bei Gerstl, der Übersetzbarkeit ihrer Texte, der medialen Repräsentation von Person und Werk, ihrem erstmals veröffentlichten Frühwerk. Nach der Präsentation des fünften Bandes soll in einem Podiumsgespräch diskutiert werden, ob und wenn ja in welcher Weise »Das vorläufig Bleibende« neue Lesarten und Positionierungen Elfriede Gerstls ermöglicht.
Konstanze Fliedl, *1955 in Linz, Professorin für Neuere deutsche Literatur an der Universität Wien, Herausgeberin der historisch-kritischen Ausgabe des Frühwerks von Arthur Schnitzler.
Christa Gürtler, *1956 in Linz, Literaturwissenschafterin, Literaturkritikerin und Literaturvermittlerin in Salzburg, gemeinsam mit Martin Wedl Herausgeberin der Elfriede-Gerstl-Werkausgabe.
Manfred Glauninger, *1964 in Graz, Universitätsdozent für Sprachwissenschaft an der Germanistik, Universität Wien, Forschungsschwerpunkte u.a. Dialekte und das Wiener Deutsch.
Alexandra Millner, *1968, Literaturwissenschafterin und -kritikerin, Mitarbeiterin am Institut für Germanistik der Universität Wien, FWF-Projekt Albert Drach, Werke Studienausgabe III, Dramen – Hörspiele – Essays – späte Prosa.
Katharina Serles, *1987, Literaturwissenschafterin, seit 2016 künstlerische Mitarbeiterin an der Hochschule für bildende Künste in Dresden, Forschungsschwerpunkte: Literatur und Bildende Kunst, Graphic Novels.
Gisela Steinlechner, *1961 in Tirol, lebt als freiberufliche Kulturpublizistin und Literaturwissenschafterin in Wien; Forschungsschwerpunkte: Literarische Moderne, Ästhetik der Avantgarden.
Ryszard Wojnakowski, *1956, lebt als Übersetzer deutschsprachiger Literatur (u.a. Heinrich Böll, Wolfgang Hilbig, Edgar Hilsenrath) in Krakau; seit 2014 arbeitet er an einer Übersetzung von Gedichten Elfriede Gerstls.
Elfriede Gerstl, *1932, †2009 in Wien; überlebte als jüdisches Kind die NS-Zeit in mehreren Verstecken. Einige Semester Medizin- und Psychologiestudium, pendelte in den 60er Jahren zwischen Berlin und Wien, lebte ab 1968 wieder ständig in Wien. 1999 Erich-Fried-Preis, 2004 Georg Trakl-Preis, 2007 Heimrad-Bäcker-Preis. Fünfbändige Werkausgabe im Droschl Verlag: 1: Mittellange Minis. Werke 1962–1977 (2012); 2: Behüte behütet. Werke 1982–1993 (2013); 3: Haus und Haut. Werke 1995–2009 (2014); 4: Tandlerfundstücke (2015); 5: Das vorläufig Bleibende (2017).
Elfriede Gerstl hasst alles Prätentiöse und Pathetische wie die Pest. (…) Eine Meisterin des Minimalismus, die den Diminutiv zur künstlerischen Methode gemacht hat. (Daniela Strigl im Falter)
Heimito von Doderer errichtete Elfriede Gerstl ein Denkmal in seinem Roman Die Merowinger, und zwar mit der Figur einer jungen Dame, namens Elisabeth Friederike Krestel, die ursprünglich sogar Medizin und Psychologie studiert hatte: Schließlich erfuhr er, daß sie selbst schreibe, und sein Entzücken kannte keine Grenzen, als er ihre kleinen, ja, miniaturen Erzählungen las, die mit meisterlichem Geschick und einer an’s Höllische grenzenden Bosheit einzelne Fäden aus dem Geweb des Lebens zupften, die Fräulein Krestel dann zu teuflischen Knödelchen zu rollen verstand, solchen, wie man sie im Magen tollwütiger Hunde findet. Später hatte sie dann ganz dem Schriftstellerberufe sich zugewandt und es darin zu Ansehen gebracht. (Heimito von Doderer, Die Merowinger, 1962)
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