Mi., 18:00
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Stunde der literarischen Erleuchtung – GEDÄCHTNISMOMENTE DER LITERATUR
FRED WANDER (1917–2006, Wien): DAS GUTE LEBEN oder VON DER FRÖHLICHKEIT IM SCHRECKEN. Erinnerungen (1996, 2006) • LYDIA MISCHKULNIG (Wien) Lesung und Kommentar – mit Querverweis zu Fred Wanders Erzählung Der siebente Brunnen (1971)
Im März 1985 las der 1983 nach Wien zurückgekehrte Schriftsteller Fred Wander zum ersten Mal in der überfüllten Alten Schmiede aus der damals neu erschienenen Taschenbuchausgabe seiner Erzählung Der siebente Brunnen. Dieser so berührende wie mutige literarische Wurf, in dem Wander die menschenfreundliche Erzählung der jüdischen Geschichtentradition gegen den schrankenlosen Vernichtungsrausch und den Schrecken der nationalsozialistischen Konzentrationslager setzt, war 1971 in Ost-Berlin erschienen und ist Fred Wanders berühmtestes Buch. 1996 erschienen erstmals seine Lebenserinnerungen Das gute Leben, 2006 in einer erweiterten Fassung. Ohne Bitterkeit, ohne Selbstheroisierung und Inszenierung erzählt er von seinem Leben und wie er sich eine durch nichts zu erschütternde Neugier auf das Leben bewahrt hat, trotz aller Demütigungen, die er schon als jüdischer Junge im Wien der zwanziger Jahre erfahren musste, trotz aller existentiellen Bedrohungen, denen er im Exil und schließlich in den Konzentrationslagern ausgesetzt war. Er erzählt von den Nachkriegsjahren in Wien, von seiner Zeit in der DDR, von Reisen und von seiner endgültigen Rückkehr nach Wien.
Es gibt keine lebende Sprache, um darüber zu reden oder zu schreiben, was wir, die Überlebenden der Shoah, gesehen haben. Wir leben und schreiben, aber wir schweigen zugleich, uns fehlen die Worte.
Fred Wander, *1917 in Wien. Mit 14 Jahren Gelegenheitsarbeiter, 1938 Flucht nach Frankreich und in die Schweiz, Deportation ins Konzentrationslager Auschwitz, später nach Buchenwald. Nach der Befreiung bis 1955 in Wien als Journalist und Fotograf, studierte am Leipziger Literaturinstitut, blieb mit seiner ebenfalls aus Wien stammenden Frau Maxie Wander in der DDR. Erzählungen, Romane, Reise- und Jugendbücher, Reportagen, Theaterstücke. 1967 Theodor-Fontane-Preis, 1972 Heinrich-Mann-Preis. 1983 kehrte Wander nach Wien zurück. Bücher (Auswahl): Der siebente Brunnen (1971); Ein Zimmer in Paris (1975); Hôtel Baalbek (1991); Das gute Leben oder Von der Fröhlichkeit im Schrecken (1996/2006). Walter Grünzweig, Ursula Seeber (Hg.): Fred Wander. Leben und Werk (2005).
Lydia Mischkulnig, *1963 in Klagenfurt, literarisch tätig seit 1991, lebt in Wien. Zuletzt erschienen: Macht euch keine Sorgen. Neun Heimsuchungen (2009); Schwestern der Angst. Roman (2010); Vom Gebrauch der Wünsche. Roman (2014); Die Paradiesmaschine. Erzählungen (2016).
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