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Stunde der literarischen Erleuchtung – GEDÄCHTNISMOMENTE DER LITERATUR
ROBERT PINGET (1919–1997): PASSACAGLIA (1969, Les Éditions de Minuit; aus dem Französischen von Gerda Scheffel, mit einem Nachwort von Reto Hänny, Bibliothek Suhrkamp, 1991) • RETO HÄNNY (Zollikon, Schweiz) liest und kommentiert
Passacaglia des in Genf geborenen Autors Robert Pinget, Freund und literarisch Vertrauter von Samuel Beckett, zählt zu den Meisterwerken der europäischen Erzählmoderne. Pinget entfaltet ein lustvoll und verschmitzt komponiertes Verwirrspiel um die zahllosen Wiederholungen des Lebens rund um die Auffindung eines Kadavers oder Torsos auf einem Misthaufen. Die verschiedenen Perspektiven der Dorfbewohner wälzen sich wie ein Malstrom durch die Zeit und den Wechsel der Jahreszeiten. Ein vielfach variiertes Leitmotiv des Textes ist Etwas muß zerbrochen sein im Mechanismus (… etwas ist zerbrochen in der Zeit …), das markiert, wie die feste Bedeutung der Ereignisse, die Linearität der Zeit und die Identität der Personen in Frage gestellt sind.
Robert Pinget, *1919 in Genf. Studium der Rechtswissenschaft, kurzzeitig als Anwalt tätig, nach dem Krieg Malerei-Studium in Paris. Ausgedehnte Reisen durch Europa und Nordafrika, Rückkehr nach Paris; 1951 erscheint der Erzählband Entre Fantoine et Agapa, fortan Romane, Theaterstücke und Hörspiele. Ab 1955 Freundschaft und übersetzerische Zusammenarbeit mit Samuel Beckett. Er wird zu den Protagonisten des Nouveau Roman gezählt. Im deutschsprachigen Raum wurde er früh durch Hörspielproduktionen bekannt. Er starb 1997 in Tours (Frankreich). Buchpublikationen (Auswahl): Le Fiston (1959; Ohne Antwort); Clope au dossier (1961; Gegenbeweise); L’Inquisitoire (1962; Inquisitorium); Quelqu’un (1965; Augenblicke der Wahrheit bzw. Jemand); Fable. Récit (1971); Cette Voix (1975); L’Apocryphe (1980; Apokryph); Théo ou le temps neuf (1991; Theo oder die neue Zeit).
Robert Pinget war 1989 als Gast der Alten Schmiede in Wien.
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